Was ist Gewahrsein?

Gewahrsein ist das wahre und wirkliche Erleben des reinen Seins und Wirkens, der Einen Lebendigkeit, die alle Wesen und die Natur belebt.

Wir Menschen sind mehr als nur Körper. Fühlen ist mehr als nur Ströme von elektrischen Impulsen durch das Gehirn. Der Mensch hat Persönlichkeit, Ausstrahlung, Präsenz, Charakter, Lebensgefühl, Lebensenergie, vieles, das von den fünf physischen Sinnen nicht begriffen und von Chirurgen im Innern nicht gefunden werden kann.

Wir leben in mehreren Ebenen des Daseins zugleich. Physikalisch sind dieses unterschiedliche Dimensionen, die alle gleich real sind, sich räumlich durchdringen und alle mit Leben gefüllt sind. So wie sich der Körper eine erkennbare Wunde im Physischen zuziehen kann, so kann sich das Gemüt, der Körper des Menschen im Seelisch-Geistigen, eine über die feinen Sinne, das Spüren, begreifbare Wunde zuziehen.

In der physischen, dreidimensionalen Ebene der Existenz leben wir verkörpert und räumlich abgegrenzt («Deine Nase ist nicht meine Nase»). In der seelisch-geistigen Ebene der Existenz sind die Energien des Menschen verwobener und können sich im Berühren auch durchdringen. Wesen einer Seelenfamilie sind energetisch verbunden und Liebende sowie Kinder und ihre Eltern verbindet ein Band von zeitlicher Dauer.

Beide Ebenen der Existenz (‹Diesseits› und ‹Jenseits›, ‹Körper› und ‹Seele›, ‹grobstofflich› und ‹feinstofflich›) werden von weiteren Ebenen der Existenz, in denen wir ebenso sind, durchdrungen. Dieses ist die Ebene des menschlichen Selbst.

So wie die fünf physischen Sinne kaum die seelisch-geistige Ebene wahrnehmen können (mit der Ausnahme der Hellsichtigkeit), so ist es im Denken, Fühlen und Spüren nicht sogleich möglich, die Ebene des Selbst wahrzunehmen. Es erfordert eine Gabe, eine lichtvolle Präsenz, Gnade oder ein stetiges Verfeinern der Sinne.

Gewahrsein ist das wache, wahre Erleben der Ebene des menschlichen Selbst. In dieser Ebene sind wir fein pulsierende Lebendigkeit, weiter als die Grenzen der Haut und leben in Verbundenheit mit allen Wesen, der Natur und dem Leben selbst.

Somit ist es stimmig zu sagen: «Jeder Mensch ist Gewahrsein.» Im Erkennen der Einen Lebendigkeit, die alles durchdringt und bewirkt, ist es logisch zu sagen: «Alles ist Gewahrsein.» Im Erkennen, dass jede noch so feste Materie im Grunde leer und Energie ist, lösen sich Formen, Ebenen und Dimensionen auf. Dennoch leben wir in ‹der Welt› und so, wie wir offen und zu Kindern sprechen, ist es in der Art und Weise unseres heutigen Wahrnehmens wahr: «Du hast blaue Augen und ich braun-grüne. Ich habe in diesem Leben fünfzig Winter erlebt und du dreizehn. Ich fühle Angst in mir, auch wenn du gerade keine in dir fühlst. Spürst du mein Gefühl?» Im Physischen nehmen wir uns als getrennt, im Seelischen verbunden und im Selbst als eins wahr.

Auch wenn Gewahrsein immer, überall und unveränderlich ist, so ist das menschliche Wahrnehmen oftmals eingeschränkt. Nicht jeder riecht den Kaffeeduft im Vorbeigehen, nicht jeder empfindet seinen Körper in der Arbeit am Schreibtisch, nicht jeder fühlt sein Gefühl, nicht jeder hört und sieht die Gedanken in sich, nicht jeder nimmt die Eindrücke des Spürens bewusst auf, nicht jeder nimmt den Ort seiner Aufmerksamkeit und die Weite seines Bewusstseins wahr. Gewahrsein ist das wahre und wirkliche Erleben der feinen Lebendigkeit, die alles ist und belebt. Mit offenem Herzen und im weiten Bewusstsein ist dieses Erleben möglich.

Das Denken vermag innere Räume und damit Illusion zu erschaffen. Wer im Augenblick des Erlebens die Eindrücke der Sinne nicht wahrnimmt, den Körper nicht empfindet, das Gefühl nicht fühlt und die Gedanken innerlich weder sieht noch hört, ist im Denken und nicht im weiten Bewusstsein.

Es in jedem Moment möglich, das eigene Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten, Körperempfinden, Fühlen, Denken, Spüren und Sein bewusst zu erleben oder sich mit der eigenen Aufmerksamkeit in den Räumen des Denkens und der Emotionen zurückzuziehen. «Sich selbst gewahr sein» ist das Erleben des Selbst in uns, des wesenhaften Anteils, der in den verbundenen Dimensionen des Daseins ist und wirkt. «Im Gewahrsein» nimmt die und der Erlebende das reine Sein in sich wahr und zugleich das Pulsieren des Körpers, die Eindrücke der Sinne (und damit auch des Spürens), die Aspekte des Fühlens und die bildhaften und gesprochenen Gedanken. Im Gewahrsein endet Tun, Wirken und Agieren nicht: im Sprechen, Überlegen, Handeln, Werken, in der Begegnung ist das bewusste Erleben des reinen Seins ebenso möglich.

Das Erleben des Gewahrseins belässt alles gleichzeitige Erleben so, wie es ist, mit dem einen Unterschied: Gedanken, Gefühle, Emotionen, Eindrücke, die den wachen Menschen zuvor wie umfangen haben, die das Erleben der Körperempfindungen und die gespürte innere Weite überdeckt haben, sind nun in Wachheit und Leichtigkeit wahrnehmbar. Sie werden zu Erscheinungen in dem einen Raum, der alles Leben und alle Wesen zugleich ist.

Das Gewahrsein zu erleben ist der größte innere Halt, der uns möglich ist. Das Eine Leben ist unveränderlich, unbezwingbar, unweigerlich immer und überall zugegen. In dieser Lebendigkeit sind wir Menschen und Wesen eins. Das Erleben des Gewahrseins hebt die Erfahrungen des Getrenntseins auf und lässt das eigene Körperempfinden, Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten, Fühlen, Denken und Spüren dennoch sein, in der Gewisstheit, dass all dieses aus dem einen Selbst und damit aus uns selbst heraus geschieht.

Denken hat die Macht, eigene innere Räume zu errichten und sich in diesen vom vollständigen Erleben und Wahren zurückzuziehen. In der Illusion kann die innere Stimme erzählen, Liebe, Weite und Gewahrsein zu erleben, auch wenn es keine gleichzeitige Wahrnehmung ist. Im Gewahrsein bleibt das Körperempfinden bewusst und präsent und ebenso die Eindrücke der Sinne, das Hören und Sehen der Gedanken, das Fühlen des Gefühls, das Wahrnehmen des Ortes der eigenen Aufmerksamkeit und der Weite des eigenen Bewusstseins. Wem diese Eindrücke nicht auch einzeln erlebbar sind, kann sich kaum sicher sein, Gewahrsein, das alles in sich vereint, wirklich zu erfahren.

Wortbildung

‹Ge› ist die Vorsilbe der Manifestation. Aus ‹bauen› wird ein ‹Gebäude›, aus ‹denken› ein ‹Gedanke›, aus ‹treiben› ein ‹Getriebe›, aus ‹heim(lich)› ein ‹Geheimnis›, aus ‹lachen› ein ‹Gelächter›, … ‹Gewahrsein› ist etwas Unumstößliches, Dauerhaftes.

‹Wahr› ist das für jede und jeden selbst Wahre. Der Verstand leitet das persönlich Wahre aus dem Wahrnehmen ab: «Ich habe einen Apfel in der Hand. Ich nehme ihn als ‹wahr›, weil ich ihn ‹wahr›‹nehme›: taste, sehe, rieche, schmecke. Es ist wahr, dass ich Freude in mir habe, denn ich fühle es.»

‹Sein› ist ein wahr mögliches Erleben für alle, die vollständig bewusst erleben. Es ist das, was im weiten Feld des eigenen Erlebens übrig bleibt, wenn Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten, Körperempfinden und Spüren ohne Eindrücke sind, wenn das Fühlen offen ist und weder Angst, Wut, Freude, Leid und Traurigkeit zeigt, wenn das Denken still ist, die Aufmerksamkeit im Zentrum ruht und das Bewusstsein weit ist.

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